Samstag, 31. Januar 2015

 

Meine Idee, auf die Porvenir - Punta Arenas - Fähre zu verzichten, finde ich zunehmend genial. So kann ich ganz in Ruhe nach dem Frühstück die Rückfahrt beginnen. Sprit habe ich noch genug, bis Cerro Sombrero komme ich allemal. Die Pistenführung ist teilweise etwas verwirrend. Es taucht eine Weggabelung auf und es gibt keinen Hinweis, welchem Strang man jetzt folgen sollte. Sonnenstand und Himmelsrichtung ist ein Ansatzpunkt, der "Abnutzungsgrad" der Piste ein zweiter, also wird auf gut Glück dieser Piste gefolgt. Aber bald schon tauchen wieder Schilder auf, die die Richtigkeit meiner Entscheidungen bestätigen. San Sebastian und die Hosteria Frontera sind nur noch 60 Kilometer entfernt. Es ist eine schöne Strecke, es gibt Interessantes zu sehen und ich bin gespannt auf San Sebastian.




San Sebastian und La Frontera. Ist ja nur ein Gag, aber es wird viel über diese Hosteria mit Restaurant geschrieben. Ihre Burger werden hochgelobt. San Sebastian ist ein Grenzort, deshalb kommen viele Menschen durch diese Ansammlung von vier Häusern. Entsprechend groß ist das Restaurant und alle Tische sind penibel gedeckt. Ein uriger Laden. Aber gut, hier einen Abend, gegebenenfalls sogar den Nachmittag verbringen zu müssen, ist vielleicht doch nicht jedermanns Sache. Aber der kurze Abstecher hat sich gelohnt. Ich bin mal dort gewesen und habe in der Tat einen recht passablen Burger gegessen. Sehr freundliche Bedienung inklusive. 


Ich nähere mich der Magellanstraße und somit der Fähre und mach mir langsam Gedanken, ob die auch fährt. Denn es windet und stürmt, dass es mich recht beutelt im Auto. Wenn ich anhalte und ein Foto machen möchte, bekomme ich entweder die Tür kaum auf oder muss höllisch aufpassen, dass sie mir nicht aus der Hand fliegt. Es fehlt ja schließlich das Türfangband und es wäre sicherlich nicht so komfortabel, die nächsten 200 Kilometer ohne Fahrertür zu absolvieren, ganz zu schweigen, wie dämlich das aussähe. Aber als sich der Blick zur Magellanstraße auftut sehe ich, dass zumindest eine Fähre unterwegs ist. Dauert halt etwas länger, aber ich komme rüber.


Nach der Fähre einmal links abgebogen und dann geht es immer geradeaus nach Punta Arenas. Es sind etwa 150 Kilometer, die Straße ist gut und es ist kaum Verkehr. Und als ich so dahinfahre mit "La Renga" zum hundertsten Mal abgespielt, sehe ich am Strand durch die Dünen ein rostiges Gerippe. Wrack!!! Es war nur für eine Sekunde zu sehen, Glück gehabt. Und es liegen hier sogar zwei!!!





Es ist schon ein komisches Gefühl, so an einem Schiffswrack zu stehen. Seltsam morbide. Was mag sich da alles abgespielt haben in einer stürmischen Nacht? Aber irgendwie strahlt so ein Schiffswrack nach wie vor eine gewisse Würde aus. Schwer zu fotografieren. Ich wünschte, ich hätte ein Stativ und mehr Erfahrung mit so schwierigen Motiven.

Ich kann mich kaum trennen, wenngleich mir der Wind die Mütze vom Kopf fegt. Ich werfe noch einen Blick auf die verfallenen Häuser, die hier herumstehen und weiter geht's. "La Renga" zum hunderteinten Mal in den Player reingeschoben. Die CD hab ich in Rio Gallegos gekauft. Ich hatte vorher im Hotel ein Musikvideo dieser Band gesehen. Rock, gar nicht mal schlecht. Aber so langsam beginnt es zu nerven. Mitsingen kann ich leider nicht, da ich kein Wort verstehe. 

Gegen späten Nachmittag bin ich in Punta Arenas, leider zu spät, um den Mietwagen noch abzugeben. Würde sich anbieten, da die Mietstation ganz in der Nähe es Hotels liegt. So werde ich ihn morgen am Flughafen abgeben müssen, da die Station in der Stadt am Sonntag geschlossen hat.

 

Sonntag, 01. Februar 2015


Schnelles Frühstück im Hotel Rey Don Felipe, das übrigens für chilenische Verhältnisse sehr gut ist. Also das Frühstück meine ich. Um 09:00 Uhr muss ich den Wagen abgegeben haben, es ist aber nicht weit bis zum Flughafen. Dort angekommen entdecke ich kein Schild mit dem Hinweis "car return" oder so ähnlich. O.k. dann auf den großen Parkplatz halt. Der Hertz-Schalter am Flughafen ist nicht besetzt. Auf dem Tresen steht aber ein Schild mit spanischer Aufschrift. Beim besten Willen, kann ich das nicht interpretieren. Alles was ich auf Spanisch gelernt habe passt nicht. Geht ja auch nicht um eine Bierbestellung, Hotelreservierung oder die Frage nach dem richtigen Weg. Ich nehme also das Schild und gehe damit zu einem anderen Counter mit der Bitte um Übersetzung. Die Autovermieter sprechen ja alle Englisch. Zumeist. Also des Rätsels Lösung ist, ich soll den Schlüssel einfach in den Schlitz im Tresen werfen zusammen mit dem Parkschein und die Papiere im Wagen lassen. Ja, warum nicht. Ob ich das Auto jetzt abgegeben habe oder auch nicht und in welchem Zustand lässt sich später kaum eindeutig klären. Ich hoffe, dass im Zweifel das chilenische Recht nicht die Beweislast bei mir sieht. Ich bringe die Papiere also ins Auto und komme zurück zum mittlerweile besetzten Schalter. O.k. alles geklärt. Jetzt Gewissensfrage: sage ich dem Hertz-Menschen, dass ein Bodenblech abgeschlagen ist und nur noch an einer Schraube hängt, zwei andere verdellt sind und die Fahrertür zwei Macken hat, weil sie mir mal aus der Hand geweht wurde. Ich sage ihm, er solle sich das mal ansehen und einen Report schreiben, ich bin ja versichert. Wir schauen es uns an, sein Kommentar "that's nothing" und damit war ich entlassen. Gutgläubig. Denn einen Report über die Rückgabe habe ich nicht erhalten. Aber an dieser Stelle sei gesagt, Hertz hat die zurückgehaltene Kaution ohne Probleme freigegeben, soweit ich auf meinem Kontoauszug sehen konnte. Hertz - kann ich also ohne Einschränkung empfehlen. Auch DERTOUR, worüber der Mietwagen gebucht wurde, ist eine Empfehlung. Bester Preis im Check und umfangreichstes Versicherungspaket inklusive.

Der Tag in Punta Arenas bedeutete abhängen, sonntags ist hier wirklich der Hund begraben, gerade auch, wenn das Wetter schlecht ist. Morgen Nachmittag wird es wieder spannend, dann geht es auf die "Via Australis" zum Kap Hoorn.

 


Montag, 02. Februar 2015

 

Der Plan für heute ist bis 13:00 Uhr im Stadtbüro der Australis-Reederei einchecken und das Gepäck abgeben. Das ist praktisch, denn in den Hafenbereich dürfen keine Taxis fahren. Sehr professionelle Abwicklung dort, man bekommt seine Kabine und den Esstisch zugewiesen verbunden mit der Frage, ob man denn Vorlieben hätte, mit welchen Nationalitäten am Tisch sitzen möchte. Ist mir wurscht, habe ich gesagt, müssen keine Deutschen sein aber bitte keine Franzosen, weil die, aus meiner bescheidenen Erfahrung heraus, immer sehr eigen sind und nur miteinander abhängen. Außerdem würde mich das an meine mäßigen schulischen Leistungen in französisch erinnern. Gelandet bin ich also bei einem österreichischem Ehepaar, einem schweizer Paar einem deutschen Mutter- Sohn - Gespann und einer Amerikanerin, die sich aber schon am nächsten Tag weggesetzt hat. War ihr wohl zu langweilig. Aber für uns Verbliebenen war es durchaus kurzweilig und ganz lustig.

Mit dem Einchecken und dem Boarden um 16:00 Uhr ging die Patagonien-Rundreise zu Ende. Nicht der reinste Erholungsurlaub, aber sehr abwechslungsreich und interessant. Mit vielen wunderschönen Bildern einer bombastischen Natur und sehr positiven Eindrücken von den Menschen und den beiden Ländern setze ich die Reise mit der Schiffspassage nach Ushuaia fort. Ich bin sehr neugierig. Meine erste "Kreuzfahrt" erwartet mich. 

Montag, 2. Februar 2015

 

Heute Nachmittag um 16:00 Uhr ist das Boarden der "Via Australis" geplant, ein unter chilenischer Flagge fahrendes Passagierschiff. 73 Meter lang mit nur 3,30 Meter Tiefgang. Das ermöglicht das Befahren sehr flacher Kanäle und erlaubt das nahe Heranfahren an die Küstenlinie. Maximal 136 Passagiere und 45 Besatzungsmitglieder. Es ist ein sehr komfortables Schiff mit gemütlicher Barlounge und und bequemer Aussichtslounge. Kabine und Bad sind - zumindest verglichen mit der folgenden Fahrt auf der "M/V Ushuaia" - luxuriös. Hier ist alles "all inclusive", was mir gar nicht bewusst war. Aber umso besser. Man wurde den ganzen Tag und Abend über versorgt, mit Essen - sehr passabel, insbesondere die Dessertbuffets - und Getränken der Wahl. Die Bar öffnete morgens bereits zum "early bird" Frühstück um sieben Uhr, und so manche "Bloody Mary" oder so mancher Gin Tonic wurde schon vor neun Uhr über den Tresen geschoben. Von den Gläsern Sekt ganz zu schweigen. Gut, die Leute machen ja Urlaub.  



Mit dem Auslaufen des Schiffes, der Informationsveranstaltung zu den Sicherheitsanweisungen und dem folgenden Willkommensabend-

essen ging der Tag zu Ende. Die erste Kreuzfahrtnacht - Besatzung und Reederei sprechen von Expedition - also die erste Expeditionsnacht beginnt. Programm für diese Expeditionsnacht laut Informationsblatt: Lassen Sie sich zusammen mit Ihren Mitreisenden vom aufmerksamen Service unserer Bar verwöhnen. Na dann .......


 

Dienstag, 3. Februar 2015

 

Bei Sonnenaufgang erreichen wir den Almirantazgo-Fjord mit Ziel Ainsworth Bucht. Sonnenaufgang sechs Uhr sieben. Ich gebe zu, war mir zu früh, um diesen Moment im Foto festzuhalten. Also Frühstück um 08:20 Uhr, dann hat sich der erste Stau vor dem Frühstücksbuffet abgebaut und vorbereiten für den ersten Landgang in der Ainsworth Bucht.




Am Nachmittag erreichen wir Tucker-Island und die Insel Islote De la Fuente. Beide können wir nicht betreten, wir fahren lediglich mit den Zodiacs an den Strand bzw. an die Steilküste der Inseln heran. Für's Erste ganz nett, aber spannend ist es nicht direkt.





Am späten Nachmittag geht es dann zurück Richtung Magellanstraße. Der Seno Almirantazgo ist sozusagen Sackgasse. Windstille, sehr sanftes Licht, schöne Atmosphäre vor beeindruckender Kulisse. 




Mittwoch, 04. Februar 2015


Heute ist überwiegend Sightseeing auf dem Plan. Passage durch Ballenero und O'Brian-Kanäle. Früher Nachmittag Pia Fjord und Landgang beim Pia Gletscher. Anschließend Weiterfahrt durch die Gletscher-Allee mit den Gletschern Romanche, Alemania, Francia, Italia und Holanda.




 

Auch im hohen Alter ist die Freude groß beim Anblick dieser verschwenderischen Natur. Die Dame (links im Foto natürlich) war Ende achtzig und strahlte eine ungeheure Lebensfreude aus.

Und weiter geht es durch die Gletscher-Allee, wir nähern uns dem Höhepunkt dieser Reise. Nein, nicht dem Käptn's Dinner heute Abend, sondern Kap Hoorn, das wir morgen gegen späten Nachmittag erreichen wollen.





Donnerstag, 05. Februar 2015


Unser Tag beginnt heute sehr früh. Um 07:00 Uhr fällt der Anker in der Wulaia-Bucht. Wir gehen dort um 08:00 Uhr an Land und stoßen auf die Spuren des Aufeinandertreffens der Ureinwohner dieser Region, der Yagan-Indianer, mit den ersten europäischen Forschern. Die Geschichte dieses mythenreichen Ortes wurde in einem Informationszentrum detailreich aufgearbeitet. 

Bevor wir wieder an Bord der "Via Australis" gehen, gibt es am Strand eine Überraschung: heißen Kakao mit chilenischem Whisky. Einen winzigen Schluck wird man sich gönnen dürfen. Das ist natürlich ein Foto wert.







78 Seemeilen sind es bis zum Kap Hoorn und die Spannung steigt. Wird das Wetter halten? Noch sieht es ganz passabel aus, aber der Wind legt zu. Von den letzten fünf Reisen konnte immerhin zwei Mal angelandet werden, macht man uns Hoffnung. Bei zuviel Wind und Schwell ist das Anlanden mit den Zodiacs problematisch. Aber wir haben noch gut vier Stunden Zeit bis Kap Hoorn. Da kann sich noch einiges tun. Zum Guten wie zum nicht so Guten.





Und da liegt es vor uns: Kap Hoorn. Das Wetter ist nicht zu schlecht, zwar windig, aber kein allzu starker Schwell an der Landungsstelle. Die Expeditionsleitung wird einen Versuch starten. Die "Via Australis" tastet sich langsam näher, bleibt in sicherer Entfernung liegen und dann kommt der erlösende Funkspruch: es geht. Zodiacs ins Wasser. Fröhliche Gesichter.




Wir steigen die vielen Stufen zum Kap nach oben. Fühlt sich eigentlich ganz normal an, dieser südlichste Zipfel Südamerikas, dieser mystische Ort, Sehnsuchtsziel zigtausender Seeleute, verflucht und geliebt zugleich, auch heute noch. Wir haben Glück mit dem Wetter, das Kap zeigt sich von seiner zahmeren Seite. Wie es anderntags aussehen mag, davon zeugt das Wahrzeichen von Kap Hoorn: das Albatros-Denkmal. Bei einem Sturm im letzten November ist es zur Hälfte abgebrochen. Es ist aus Stahl, aber Sturm um die 200 km/h war wohl doch zu viel.  



Ansonsten ist Kap Hoorn ein ziemlich kahler Felsen. Ein kleiner Leuchtturm,

eine Kapelle, ein winziges Museum mit einer Theke, an der man seinen Pass abstempeln lassen kann. Ein Obelisk der Cap Horniers zum Gedenken an die etwa 10.000 Seeleute, die im Laufe der Jahrhunderte hier ihr Leben gelassen haben. Eine schöne Vorstellung, dass ihre Seelen in den majestätischen Albatrossen weiterleben sollen.





 

Wir machen uns auf den Rückweg zum Schiff und ich bemerke, wir sind deutlich ruhiger geworden. Sind doch etwas ergriffen von diesem Flecken Erde. Oder vom Mythos, der damit einhergeht.

110 Seemeilen sind es bis nach Ushuaia. Die "Via Australis" wird sich sehr langsam auf den Rückweg machen. Morgen früh soll sie in Ushuaia sein. Dann ist diese Expeditionskreuzfahrt zu Ende. Und wir lassen uns noch einmal vom aufmerksamen Service unserer Bar verwöhnen.