Atlantiküberquerung mit der "KatharinaS" 2011/2012

 

 

Obwohl ich es mir immer vorgenommen hatte, ernsthaft vorgenommen hatte, habe ich es nie wirklich geschafft. Als sei es gestern gewesen, erinnere ich mich noch heute, wie ich Ende der Sechzigerjahre auf dem Grabbeltisch in einer Buchhandlung das Taschenbuch von Beate Kammler gefunden habe. Titel: "Komm, wir segeln um die Welt". Literarisch gesehen trivial, als Segelanweisung wenig hilfreich, aber es hat irgend etwas ausgelöst in mir. Eine Weltumsegelung, auf eigenem Kiel mit einem eigenen Segelschiff, das habe ich mir nach der Lektüre so oft in meiner Gedankenwelt ausgemalt. Dennoch, ich habe es nicht hinbekommen. Obwohl ich am Wasser aufgewachsen bin, die Nordsee war mein Revier, mein Vater aus einer Seefahrerfamilie stammte und als Kapitän zur See gefahren ist. Wasser hat mich schon immer fasziniert und angezogen. Aber diesen Absprung habe ich nicht gewagt. Auch später, als die seglerischen Pläne und Wunschvor-stellungen immer kleiner wurden, die Verheißungen eines solchen Abenteuers auf dem Lebensweg zunehmend verblaßten, hat es nicht einmal zu einer Atlantiküberquerung auf einer Charteryacht gereicht. Bedauerlich! Irgendwie ist der Wunsch aber geblieben und um etwas Druck aus diesem ungelebten Wunsch zu nehmen, habe ich zumindest den Atlantik auf einem Containerfrachter überquert. Ende Dezember 2011 habe ich mich als Passagier auf der "KatharinaS" für eine Reise von Bremerhaven nach Charleston und Miami in den USA eingebucht. 12 Tage wird die Passage dauern und ich bin sehr gespannt.

Start war am 30. Dezember 2011 in Bremerhaven. Die "KatharinaS" ist etwas verspätet eingetroffen, da sie schwerem Wetter in der Biskaya ausweichen musste. Ich hatte deshalb Gelegenheit, mir das Auswanderermuseum anzusehen und mir einen Eindruck zu verschaffen, unter welch dramatischen Umständen die Menschen vor hundert Jahren den Atlantik überquert haben. Im Museumshafen habe ich dann eine alte Bekannte wiedergesehen: die "Astarte", ein Ewer, der mal zur Firma meines Vaters gehört hat, viele Jahre für das Senckenberg Institut in Wilhelmshaven und das dortige Seewasseraquarium gefahren ist und dann von der Schiffergilde Bremerhaven übernommen wurde.

 

Nachdem Einklarieren an Bord der "KatharinaS" wurde mir meine Kabine zugewiesen mit der Bitte zu warten, bis mich der Erste Offizier abholt und mir ein "Briefing" gibt. Vorher sollte ich mich möglichst nicht auf dem Schiff bewegen. Der Wunsch ist verständlich, denn während des Beladevorganges ist es nicht ganz ungefährlich an Deck, wenn tonnenschwere Container hin- und herbewegt werden, zumal es bereits draußen recht dunkel und winterlich war.

Be- und Entladen der "KatharinaS" in Bremerhaven

 

Es grenzt für mich schon an ein Wunder, dass zumindest ganz überwiegend immer die richtigen Container erwischt werden, die entladen werden müssen oder die aufs Schiff kommen. Wenngleich, wie mir der Kapitän sagte, jährlich etwa zwei- bis dreitausend Container nicht mehr auffindbar seien, verstellt sozusagen. Etwa tausend Container gingen im Durchschnitt jährlich über Bord aufgrund von Havarien oder Stürmen. Ob die Zahlen verbürgt sind, kann ich allerdings nicht bestätigen.

 

Die "KatharinaS" gehört der Schepers Schiffahrtsgesellschaft GmbH & Co. KG in Bad Zwischenahn. Das erklärt das "S" im Namen. Sie ist ein im Jahre 2001 in Dienst gestellter Container-Frachter von 220 mtr. Länge und 22 mtr. Breite. Die Gesamttragefähigkeit oder DWAT beträgt 42.090 Tonnen. Sie kann 3.108 sogenannte TEU Standard Container von 20 Fuß Länge laden und sich mit einer Geschwindigkeit von max. 22,1 Knoten fortbewegen. Mittlerweile gehört die "KatharinaS" ja schon zu den "kleineren" Containerfrachter. Die 400 Metermarke ist schon geknackt. Aber 220 mtr. sind auch schon ganz anständig.

 

Während der Wartezeit habe ich mich in meiner Kabine eingerichtet. Es ist eigentlich die Kabine des Eigners, sofern dieser oder jemand aus dem Management der Firma mitfährt. Durchaus sehr komfortabel, ein Schlafraum, ein Arbeitszimmer und ein Bad. Die "KatharinaS" ist nicht unbedingt auf Passagiere eingerichtet. Es würde selten vorkommen, dass sie Passagiere mitnähmen, sagte mir der Kapitän. Erfreulich für mich: als einzigem Passagier wurde mir die Aufmerksamkeit der gesamten Besatzung zuteil. Das waren 18 Mann, ganz überwiegend Filipinos, auch der Kapitän und der Zweite und Dritte Offizier. Der Eins-O war Pole, der Schiffsingenieur Rumäne und der Chefelektriker Ungar. Eine sehr freundliche und zuvorkommende Crew. Die Leute der Decksmannschaft haben sich immer aufrichtig gefreut, wenn sie mir etwas zeigen konnten und vor allem, wenn ich sie fotografiert habe.

 

Vorsorglich stand in der Reisebeschreibung "Aufgrund der Ladehöhe könnten gegebenenfalls die Fenster verbaut sein." Waren sie dann auch.

 

 

 

 

 

 

 

Der Aufenthaltsraum für die Offiziere. Ich habe allerdings nie jemanden dort sitzen sehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Büro des Kapitäns.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Büro für die Ingenieure. Natürlich mit obligatorischem Pin-up.


Auch die anderen Räumlichkeiten in diesem "Hotelkomplex" waren sehr kommod und unterscheiden sich nicht von Büros an Land.

Auf dem Atlantik

 

Die Wetterbedingungen waren während der Passage auf dem Atlantik überwiegend gut. Kein allzu starker Wind, mäßige Wellenhöhen. Teilweise sogar völlige Windstille und Ententeich. Meine Idee vom Atlantik war ganz anders. Ich hatte mir den Atlantik viel rauher vorgestellt. Grundsätzlich höhere Wellen, langgezogen, aber höher. Und immer Wind, bis auf die Äquator nahen Calmengürtel natürlich. Gut, der Atlantik kann auch ganz anders. In Ansätzen haben wir es auch mitgekriegt. Wenn das Schiff rollte und stampfte. Die Gischt weit überspritzte. Seltsame Geräusche sind dann zu hören. Meine Koje war quer zur Schiffslängsachse aufgestellt. Das war bequem, man rollt dann nicht so hin und her, wenngleich ich mich einige Male im freien Fall befunden habe, wenn der Bug tief eintauchte und mit Kraft wieder nach oben schnellte. Dennoch, ich habe geschlafen wie in Abrahams Schoß, wie man so sagt. Ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl, das Schiff befände sich in einem kritischen Zustand. Ich schätze, das war maximal Stufe vier bis fünf auf einer zehnstufigen Gefahrenskala. 

 

Spektakulär waren teilweise die Sonnenauf- und Sonnenuntergänge. Ebenso die Farbe des Atlantiks, das Wellenbild und die Wolkenformationen. Wenn es nicht gerade diesig oder nebelig war oder geregnet hat, war die Luft extrem klar und hat ein irres Farbenspiel hervorgebracht. Ich konnte mich gar nicht satt sehen daran. 

 

Bordleben

Die "KatharinaS" war mir sehr schnell vertraut. Es bedurfte nur einer kurzen Eingewöhnungszeit. Aber so richtig verlaufen kann man sich ja auch nicht und mit den Gepflogenheiten an und unter Deck ist es recht einfach. Verpflegungsmäßig war das Schiff wie ein Hotel all inclusive. Drei Mahlzeiten am Tag und was immer ich haben wollte zwischendurch. Alkoholische Getränke außerhalb der Mahlzeiten wurde allerdings gesondert abgerechnet. Ich wollte mir am zweiten Tag drei Flaschen Bier kaufen, auf Vorrat sozusagen. Ging leider nicht. Ich musste eine ganze Kiste nehmen. Kein Einzelflaschenverkauf. Auch gut, ich hatte ja noch ein paar Tage vor mir. Eigentlich erstaunlich, da soweit ich es beobachten konnte, kaum Alkohol getrunken wurde. Auf der Brücke schon gar nicht. Auch wenn das Foto oben täuschen mag: es war Silvesterabendfeier für die Freiwache.