Und so ging dann eine launige Party zu Ende. Es hat wirklich Spaß gemacht.

Im Hafen

 

Bremerhaven, Charleston und Miami waren die drei Containerterminals, an denen die "KatharinaS" be- und entladen wurde. Der Ladevorgang in Bremerhaven war des Nachts, ich habe soviel nicht davon mitbekommen. In Miami bin ich kurz nach dem Einlaufen von Bord gegangen. Aber die Aktivitäten in Charleston konnte ich genauer verfolgen. Wir waren sehr früh morgens auf Reede angekommen, so gegen vier Uhr. Für sechs Uhr war der Lotse avisiert. Interessant ist, dass auch die Schiffe recht knappe Zeitfenster haben, in denen die Pier für sie gebucht ist und freigehalten wird. Auf eine Distanz von tausenden von Meilen zeitlich so genau das Ziel zu erreichen ist schon eine Wissenschaft für sich. Ich habe denn auch unterwegs eine Diskussion verfolgen können zwischen Kapitän, Erstem Offizier und dem Chief Ingenieur, in der es darum ging, was es für die Ankunftszeit bedeuten würde, wenn wir drei Knoten mehr Speed machten und was das im Hinblick auf den Mehrverbrauch an Treibstoff kosten würde. Die Berechnung lag bei etwa 20.000 US$ Mehrkosten. Man hat sich auf zwei Knoten geeinigt, aber offensichtlich war die Zeit bis zur pünktlichen Ankunft knapp geworden. Wir haben nämlich ein Sturmtief umfahren müssen, das hat einige Zeit gekostet.

 

Sobald die Festmacher belegt waren und die Gangway heruntergelassen war, führte der erste Weg der "Matrosen" zur Seemannsmission. Nicht um zu beten, dafür wäre es auch die falsche Adresse, sondern um endlich wieder online gehen zu können und Kontakt mit daheim aufzunehmen. Dank skype und ähnlichen Anwendungen ist es ja heutzutage sehr komfortabel. Auf hoher See gibt es natürlich keine Möglichkeit dazu, vom teuren Satellitentelefon für die nautischen Belange einmal abgesehen. Ich bin natürlich auch mal rüber um zu sehen, wie es da so zugeht. Der große Raum mit Arbeitstischen und jeweils einem PC war bis auf den letzten Platz besetzt. Es wurde eifrig getippt oder telefoniert. Bei den Telefonierern konnte man an der Sitzhaltung und der Stimmlage erkennen ob Vater, Mutter oder vielleicht Bruder am anderen Ende war oder die Frau oder Freundin. In letzterem Falle war das Lächeln deutlich breiter und der Tonfall viel säuselnder. Richtig rührend irgendwie. Alle Leistungen sind übrigens kostenlos in der Seemannsmission, erwartet wird eine Spende. Meine 10 Dollar hat der diensthabende "Missionar" allerdings nur etwas widerstrebend angenommen. Ich hätte ja keine Leistungen genutzt und nichts benötigt, wandte der ein. 

 

Die "Sea Land Mercury" ist beladen und verläßt Charleston. Ein deutlich größerer Containerfrachter als die "KatharinaS". Sie wird von zwei Schleppern im engen Fahrwasser gedreht. Erstaunlich, dass diese Riesendinger bei hohem Seegang nicht einfach umkippen. Das folgende Video zeigt einen Containerfrachter in schwerer See und wie sich der Rumpf in der schweren See verwindet. 

https://www.youtube.com/watch?v=NE_ri8PkihE

Es ist nicht die "KatharinaS", aber ich vermute, dass es gleich aussehen würde.

 

Die "KatharinaS" bekam nur einen Schlepper zum Drehen.

 

Erst schleppen, dann grillen! 

Miami/Florida  -  Endstation

 

Am frühen Vormittag erreichten wir Miami/Florida, voraus die imposante Skyline. Eine eindrucksvolle Seereise geht hier für mich zu Ende. Nach einer sehr herzlichen Abschiedsrunde gehe ich von Bord, etwas wehmütig muss ich gestehen. Ich habe diese zwölf Tage wirklich sehr genossen. Man muss sich zwar selbst beschäftigen können, um nicht Langeweile zu empfinden. Hier wird gearbeitet, für Entertainment ist kein Platz. Man muss Erbauung und Erfüllung darin finden, zu lesen, Details zu beobachten oder einfach nur die Gedanken schweifen zu lassen mit Blick auf den sich ständig verändernden Horizont. Das Eintauchen in eine ganz spezielle Welt des Mikrokosmos Schiff, diese unendliche Weite um mich herum, das sich ständig verändernde Farbenspiel, die unterschiedlichsten Stimmungen, die der Atlantik und der Himmel zaubern, der kleine Nervenkitzel, auf hoher See ziemlich verloren zu sein, das alles ließ mich den Entschluss fassen, eine solche Schiffsreise sicherlich noch einmal zu machen. Vielleicht durch den Panamakanal in den Pazifik. Ich werde dranbleiben. 

 

Die Seereise war zwar beendet, aber ich hatte noch ein paar Tage Aufenthalt in Miami geplant. Mein Nachbar und Freund Peter hat hier in Miami Beach in direkter Strandnähe beim Ocean Drive ein Apartment, zwei Blocks vom nächsten Starbucks entfernt und mitten drin im turbulenten Geschehen. Das hat er mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Versorgt mit den besten Insiderinformationen und einem Fahrrad!!! habe ich mir Downtown Miami, South Beach und den wunderschönen Art Deco District erschließen können. Ja, Fahrrad und USA schließen sich nach meinen bisherigen Erfahrungen zwar aus, aber hier war es sehr komfortabel. Breite Straßen (natürlich gibt es keine Fahrradwege) und ein gemächlich dahinschleichender Autoverkehr machen das Fahrrad zu einem durchaus geeignetem Fortbewegungsmittel. Die einzigen Verkehrsteilnehmer, denen man nicht in die Quere kommen sollte, sind die Busse. Die Fahrer scheinen Fahrradfahrer entweder nicht zu sehen oder zu verachten. Aber die PKWs nehmen auf Fussgänger und Fahrradfahrer sehr viel Rücksicht. 

Ich tue mich durchaus hin und wieder schwer mit dem US-amerikanischen Selbstverständnis und dem politischen Handeln und Entscheiden in diesem Land. Und meine Kritik fällt deutlich schärfer aus, wenn ich in Deutschland bin. Aber wenn ich dann in den USA den ersten Starbucks to go in der Hand habe und ich so mitgenommen werde von einem unerklärlichen Sog, den dieses Land immer wieder auf mich ausübt, dann fühl ich mich irgendwie ein bisschen versöhnt. Ich weiß, es ist naiv und romantisch schon gar nicht mehr, dennoch ich spüre irgend etwas von einer diffusen Freiheit, die ich sonst nirgends so wahrnehme. Vielleicht ist auch was im Starbucks Coffee drin, ich weiß es nicht.

Übrigens Starbucks und Häagen Dazs, die Eismarke in den USA. Es wird ja in verschiedenen Verschwörungstheorien gemunkelt, die NASA war nie wirklich auf dem Mond. Alles Hollywood. Ich will mich dem nicht anschließen, aber wenn ich mir das Organisationsprinzip und die Logistik dieser amerikanischen Institutionen ansehe, dann kommen mir doch Zweifel. Sowohl mein Starbucks zwei Blocks weiter und auch der nächstgelegene Häagen Dazs am Indian Creek Drive arbeiten nach dem gleichen Prinzip: zwei oder drei Leute nehmen die Bestellungen an und einer arbeitet sie ab. Folge: Schlangen bis auf die Straße. Und mach mal einem Amerikaner klar, dass Dein Vorname Friedhelm ist. John hat sich dagegen bewährt und beschleunigt die Abfertigung deutlich.

 

In Miami läßt es sich wunderbar herumschlendern. Der Strand ist lang und bunt, kilometerweit bin ich ihn entlanggewandert, die vielen Art Deco Häuser mit ihren eindrucksvollen Fassaden und der atemberaubenden Architektur fesseln den Blick immer wieder aufs Neue. Eigentlich sollten die Art Deco Hotels am Ocean Drive in den Sechzigerjahren modernen Hotelkomplexen weichen. Die Bulldozer standen für den Abriss schon bereit. Aber einige einflussreiche Persönlichkeiten und viele Anwohner und Bürger Miamis haben den Protest auf die Straße getragen und so ist dieser einmalige Distrikt erhalten geblieben. Ich hatte Glück, weil an dem Wochenende, das ich noch in Miami vor dem Rückflug nach Deutschland verbringen konnte, das Art Deco Festival stattfand. Die Häuser waren hergerichtet, in den Straßen war Musik, Künstler aller Art  stellten ihre Produkte aus oder machten Akrobatik, es war eine tolle Stimmung. Ein Höhepunkt war ein Oldtimer-Corso mit wunderschönen Autos. Ein Blickfang war ein Samba Bus von VW mit 23 Fenstern, ein Original. Ich habe den stolzen Besitzer angesprochen. Ich wüßte zwar, dass er dieses Prachtexemplar niemals verkaufen würde, aber wenn, welchen Kaufpreis würde der VW Bus repräsentieren? So um die 170.000 $ meinte er. Aber warum verkaufen, er hätte jedes Jahr etwa dreißig- bis vierzigtausend Dollar Einnahmen mit dem Bus, weil er ihn für Fotoshootings verleihen kann. Recht hat er.

Ich wäre gerne noch ein paar Tage geblieben. Vielleicht einen Besuch im Walt Disney World Resort machen oder nach Key West fahren. Aber man kann nicht alles haben, deshalb hieß es Abschied nehmen, noch einen Starbucks to go und ab in Richtung Flughafen. Der Kranich wartet schon.